CHAPTER11 Posted August 28, 2006 Report Share Posted August 28, 2006 Er war das Musterbeispiel für einen Börsenguru in Zeiten des Neuen Marktes: Seine Aktientips verhalfen einigen Anlegern zu schnellen Gewinnen, sein Gesicht war immer wieder in den Medien präsent - und als die Märkte in den Keller gingen, wurde gegen ihn ermittelt. Er war am Tiefpunkt. Mit seinen Empfehlungen soll er gezielt die Kurse kleiner, wenig liquider Werte in die Höhe getrieben und damit selber Geld verdient haben. Doch nachweisen konnte ihm das keiner. Das war Bernd Förtsch im Jahr 2000. Er war zusammen mit dem Börsenbrief-Herausgeber Egbert Prior und dem Fondsmanager Kurt Ochner einer der bekanntesten und umstrittensten Börsen-Figuren um die Jahrtausendwende. Stille Rückkehr Jetzt ist der 44jährige still und unauffällig zurückgekehrt. Seine Anlegerzeitschrift „Der Aktionär“ hat den Kurscrash am Aktienmarkt überstanden und steigerte seine Auflage in den vergangenen Jahren auf zuletzt 47.000 Stück. Und als Berater des Vermögensaufbau-Fonds HAIG, der derzeit fast nur in Aktien investiert, erzielte er seit 2003 dreistellige Gewinne, auch wenn der Fonds in diesem Jahr schwächelt. In den vergangenen Monaten holte er schließlich zum großen Wurf aus. Aus dem Franken, der nicht studiert hat und mit dem Gebrauchtwagenhandel begann, wurde ein breit investierter Unternehmer mit Sitz in Kulmbach bei Bamberg. Im April startete sein eigener Online-Broker Flatex, der mit Niedrigpreisen, aber auch schmalem Angebot die Konkurrenz attackiert und schon knapp 12.000 Kunden gewonnen hat. In diesem Monat ging dann sein Fernsehkanal auf Sendung, das Deutsche Anleger Fernsehen (DAF, www.anleger-fernsehen.de), der erste Sender, der nur im Internet zu empfangen ist. Eine mittlere siebenstellige Summe hat Förtsch in das DAF investiert. Über Werbung soll das Geld wieder hereinkommen. Zwischen 50.000 und 70.000 schauen täglich zumindest für einige Minuten das Programm. Aktionärsschützer schauen genau hin Das inhaltliche Konzept erregt vor dem Hintergrund von Förtschs Vergangenheit den Argwohn von Aktionärsschützern. „Der Programmschwerpunkt liegt auf der Frage, wie man als Anleger konkret auf die Entwicklung an den Aktienmärkten reagieren soll“, heißt es offiziell beim DAF. Anlagetips und Empfehlungen der 23köpfigen Redaktion und von 50 externen Finanzexperten sind Grundprinzip des Senders. Heikel kann das bei kleinen, marktengen Werten sein. Werden sie empfohlen und kaufen daraufhin einige Anleger die Aktie, können die Kurse schnell steigen. Zu Zeiten der Börseneuphorie Ende der neunziger Jahre verdienten sich auf diesem Wege einige der vermeintlichen Finanzexperten eine goldene Nase. Sie kauften Aktien, empfahlen sie nachher zum Kauf und jubelten die Kurse damit nach oben. Dann verkauften sie wieder, die Preise fielen. Manipulation schwer nachweisbar Obwohl das verboten ist, wurde kaum jemand verurteilt, denn es war schwer, die Manipulation nachzuweisen. Lange wurde gegen Egbert Prior ermittelt, doch er blieb straffrei. Zur Rechenschaft gezogen wurde aber Sascha Opel, damals Stellvertreter von Förtsch in der Chefredaktion des „Aktionärs“. Ob Förtsch selbst verwickelt war, blieb unklar. Schon legendär ist seine Empfehlung in der 3Sat-Börse zu der Biotechfirma Morphosys, der er im Jahr 2000 einen Kurs von 1.000 Euro vorhersagte, als sie bei rund 200 Euro notierte. Sie stieg immerhin bis 440 Euro, bevor sie einbrach. Da er seine Tips in breitem fränkischen Akzent vortrug, heißt Förtsch seitdem „Mr. Dausend“. Ein Teil des Programms des Anlegerfernsehens erinnert an diese alten Zeiten. Da treten im „DAF Duell“ zwei unbekannte Experten gegeneinander an und versuchen mit ihren Depots den anderen in der Wertentwicklung zu schlagen. In diesen Portfolios finden sich viele sehr kleine unbekannte Aktien wie etwa BGI oder Lena Beteiligung. Sie notieren knapp über einem Euro und haben Mini-Börsenwerte von gerade einmal einer und drei Millionen Euro, an manchen Tagen werden gar keine Kurse ermittelt. Im Fernsehen rechtfertigen die Duellanten dann, warum die Aktien kaufenswert sind. Aktienkauf leicht gemacht Auf der unternehmenseigenen Internet-Seite werden Details zu diesen Titeln geliefert, direkt darunter können die Zuschauer durch Anklicken von „buy“ oder „sell“ das Papier über den Förtsch-Broker Flatex auch gleich kaufen und ihm Umsätze bescheren. „Damit können die Anleger schnell auf Neuigkeiten reagieren“, verteidigt das Vertriebsleiter Ralf Müller von Flatex. Genau daran nehmen aber Aktionärsschützer Anstoß. „Das verleitet zu schnellen, unüberlegten Kaufentscheidungen, die sich nachher als Fehlkauf herausstellen können“, warnt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker. Man sollte nicht auf Tips vertrauen, sondern sich den Wert selbst genau anschauen. Das Problem kleiner Aktien sei oft, daß man sie leicht kaufen, aber schwer verkaufen könne, weil sie so wenig gehandelt würden. Daß sich die Experten oder sogar Förtsch selbst mit den Tips auch persönlich bereichern, will aber niemand behaupten. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt Der Sender weist die Kritik zurück. „Wir haben keinen direkten Einfluß auf die vorgestellten Werte“, rechtfertigt sich DAF-Chef Peter Rampp. Halbstündlich würde zudem ein Disclaimer eingeblendet, der darauf hinweist, daß Musterdepots und Einzelanalysen keinen Aufruf zum Kauf darstellen. Doch ein kleiner, bitterer Nachgeschmack besteht weiter. Der auch an Bernd Förtsch hängenbleibt. Quelle: faz.net Link to comment Share on other sites More sharing options...
Recommended Posts